Klaus Egles Wein der Woche: Kellerei Bozen, Lagrein DOC Riserva Taber 2009

Der Lagrein ist eine Rebsorte mit durchaus wechselvoller Geschichte – lange Zeit unterschätzt, avanciert er heute zum Superstar unter den Rotweinen Südtirols. Und einer der besten ist der „Taber“ von der Weinkellerei Bozen.

Früher wurde aus dem Lagrein aufgrund seines recht ruppigen Gerbstoffs und der knackigen Säure fast ausschließlich ein Rosé mit der Bezeichnung „Lagrein Kretzer“ gekeltert. Doch die neue Zeit im Südtiroler Weinbau hat auch für diese Sorte spannende Perspektiven eröffnet. Bei richtiger Behandlung im Weingarten von Ertragsbegrenzung bis zur Geduld um den richtigen – möglichst späten – Lesezeitpunkt zu erwischen, bringt die Sorte nämlich dicht strukturierte Rotweine mit eigenständiger Aromatik und einer beachtlichen Langlebigkeit.

Großer Wein von alten Reben

In der Kellerei Bozen wird mit dem Lagrein DOC Riserva Taber sicher einer der besten und renommiertesten Vertreter dieser Sorte gekeltert. In idealer Lage am Talgrund beim Bozener Ortsteil Gries bekommen die mehr als 80 Jahre alten Lagrein-Reben jede Menge Sonne ab, die vom Flussschotterboden noch zusätzlich gespeichert wird. Beste Voraussetzungen also für große Weine, denen man, wenn möglich, auch ein paar Jahre Flaschenreife gönnen sollte, damit sie ihr Genusspotenzial voll entfalten können.

Die Attacke der Aromen

Dem 2009er habe ich diese Zeit gegeben und dann noch vergleichsweise kurze zwei Stunden in der Dekantierkaraffe. Dieser entströmte dann auch ein opulenter Duft von dunklen Beeren, Bitterschokalde, Rumtopf, Oliven und sogar Aromen, die an ein Dry-Aged-Steak erinnerten – und das auf eine Distanz von einem guten halben Meter. Im Glas präsentierte sich der Wein dann kompakt, mit engmaschiger Struktur und einem dichten Fruchtkörper. Der reife Gerbstoff und die gut austarierte Säure bauten einen schönen Spannungsbogen auf, und machten den Wein so trinkfreudig, dass man sich tatsächlich zurückhalten muss, um ihn langsam und mit kleinen Schlucken zu genießen. Getrunken zu einem schönen Rindsbraten vom ausgelösten Hinteren begeisterte der Wein alle am Tisch und unsere Freundin Irene, die sonst beim Rotwein ausschließlich auf Blaufränkisch schwört, meinte sogar, dies sei für sie nicht der „Wein der Woche“, sondern ihr persönlicher „Rotwein des Jahres“.

19/20 Punkte

Perfekte Trinkreife, wird aber auch in den nächsten fünf Jahren viel Freude machen