Klaus Egles Wein der Woche: Heulichin 2015 Weingut Wagentristl

Der reinsortige Blaufränkische hat im Weinland Österreich zuletzt so eine steile Karriere gemacht, dass die einstmals gehypten Rotwein-Cuvées fast ein bisschen überflüssig wirken. Zu Unrecht, wie zum Beispiel der „Heulichin“ 2015 von Rudi Wagentristl eindrucksvoll beweist.

Rekapitulieren wir doch einmal kurz. Wozu überhaupt Cuvée? Der Grundgedanke dabei ist, dass man die Eigenschaften unterschiedlicher Rebsorten zu einem Ganzen vermählt, das letztlich jeder der verwendeten Einzelkomponenten überlegen ist. So weit, so einfach. Zumindest in der Theorie. Denn tatsächlich ist das „Cuvéetieren“ der einzelnen Weine für den Winzer ein aufwändiger Prozess, den das Wort „Doktorarbeit“ nicht schlecht umreißt. Denn es geht nicht nur um die einzelnen Rebsorten, sondern auch um viele unterschiedliche Fässer, den Grad des Toastings und vieles mehr. Das erfordert Erfahrung, Fingerspitzengefühl, Zeit und eine Vision, wie der fertige Wein schließlich riechen und schmecken soll.

Das kleine Einmaleins des Weins

Klappt das alles, ist das Ergebnis ein Wein, der durch seine Vielschichtigkeit und Komplexität besticht. Bordeaux hüpft das seit Jahrhunderten vor – und alle großen Weinbauregionen der Welt machen es durchaus erfolgreich nach. Nicht anders Österreich, wo frühe Rotweinpioniere wie Hans Igler, Engelbert Gesellmann oder Anton Kollwentz schon seit Beginn des „österreichischen Rotweinwunders“ zeigten, das drei mal eins auch mehr als drei sein kann.

Auf zur General-Attacke

Der Name von Rudi Wagentristls Wein bezieht sich auf die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Großhöflein als „Heulichin“ aus dem Jahr 1153. Weniger Erklärungsbedarf hat der Wein: Schon die dichte, tiefdunkle Färbung dieser Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Blaufränkisch und Zweigelt deutet an, dass es sich hier um kein „Wasserl“ handelt. In der Nase dann gleich die General-Attacke: Dunkelwürzig mit Aromen von Teer bis Schwarztee, Kaffeenoten und Rösttönen. Mit seiner delikater Frucht von dunklen Beeren wie Cassis (Schwarze Ribiseln) ist allein der Duft eine Spielwiese, auf der man lange verweilen könnte. Am Gaumen geht es dann genau so überzeugend weiter: Dichtgestrickter Fruchtkörper, mit reifem Gerbstoff, fleischig und vollmundig aber auch durchwirkt von feiner Mineralik. Dieser Wein hat genau die richtige Mischung aus Opulenz und Struktur, die ihn zu einem Trinkerlebnis macht.

19/20 Punkte

Großer Stoff mit viel Potenzial für die Zukunft