Hofburg Wien: Der Steirische Wein auf der großen Bühne

Mehr als 100 steirische Winzer präsentierten im imperialen Ambiente der Wiener Hofburg ihre besten Weine. Große Namen ebenso wie Newcomer. Bericht von einer Entdeckungsreise.

Der steirische Wein ist erwachsen geworden, präsentiert sich aber gleichzeitig so jung wie noch nie. Stilistisch aber auch seitens der Produzenten: Die next Generation des steirischen Weines ist mitten im Geschehen angekommen und hat ein durchaus positives Selbstvertrauen, dass auf dem Fundament der Generation gebaut ist, die den steirischen Wein seit Anfang der 90er Jahre groß gemacht hat. Genügte es vorderhand, saubere und fruchtbetonte Weine gekühlt und mit Reinzuchthefen im Stahltank zu vergären um ein einprägsames Bild von der „steirischen Klassik“ zu prägen, so zielten die Ambitionen der damaligen Jungwinzer bald weiter. Man entdeckte das Terroir, ließ die Trauben länger reifen und schuf mit Riedenbezeichnungen richtige Marken, die zuerst in der heimischen und dann in der internationalen Weinwelt einen guten Klang hatten – und haben. Dass dabei oft mit dem sprichwörtlichen „Holz-Hammer“ ein – echter oder vermeintlicher – internationaler Stil versucht wurde… nun, man befand sich eben in einer Findungsphase.
Text: Klaus Egle/Fotos: Elisabeth Egle

Viele kleine Schritte ergeben einen großen Wein – und davon findet man bei Katharina Tinnacher gleich mehrere… spannend immer die Vergleichsverkostung der Rieden im südsteirischen Steinbachtal und am Flamberg im Sausal mit ganz unterschiedlichem Lagen-Charakter.
Der vielleicht beliebteste Verkostungsstand in der Hofburg: Reiterer prickelt eben – mit Schilchersekt & Co. Aber nicht nur: Mit dem exzellenten Sauvignon Blanc Ried Lamberg 2021 beweist Christian Reiterer, dass die Weststeiermark auch in Sachen Top-Weissweine ein Wörtchen mitzureden hat.
Im Weingut Peter Skoff passt Vieles unter einen Steirerhut – von den Buschenschank-tauglichen steirischen Klassikern über komplexe, langlebige Riedenweine wie den Sauvignon Blanc Hoch Kranachberg bis zum Natural-Wein BIO vom „Gut Kaspar“.
Harald Wickhoff vom Weingut Walter Skoff leitet durch eine beeindruckende Sauvignon-Blanc-Parade: Die Zeiten von viel Holz und Alkohol sind vorbei, die Weine präsentieren sich wie aus einem Guss – anspruchsvolle Trinkerlebnisse, bei denen der Spass aber keineswegs zu kurz kommt.

Es ist ein Vergnügen

Inzwischen ist der steirische Wein um einige Schritte weiter und das war noch nie so klar erkennbar wie bei der großen Jahrespräsentation in der Wiener Hofburg. Der rote Faden: Ein junger, moderner Weinstil, der Herkunfts- und Terroirnoten mit den klassischen Eigenschaften der steirischen Weine wie Frucht, Frische und Saftigkeit wunderbar unter einen (Steirer-)hut bringt. Das ergibt Weine voller Spannung, manchmal ein bisschen rauer, manchmal ein bisschen weicher, hier etwas drahtiger, da mit ein bisschen mehr Fleisch auf den Knochen aber immer geprägt von Mineralität, straffer Struktur und vor allem: immer gut zu trinken aber nie vordergründig, plump oder einförmig. Mein persönliches Fazit: Es ist ein Vergnügen!

Edle Sekte stehen in der DNA des Weinguts Regele, so wie hier der knochentrockene, feingliedrig-elegante Blanc de Noirs von Pinot Noir Trauben. Georg Regeles Lieblingswein ist der oft unterschätzte Welschriesling, weil „ich will Wein auch trinken und ihn nicht nur analysieren!“
Simon Engel aus Pichla im Vulkanland ist eigentlich Musiker und im Weinbau Quereinsteiger: Seine Weine sind wie ein gutes Musikstück: spannend, unterhaltsam, wohlklingend aber keine platten Ohrwürmer. Mit seinen Rieslingen zeigt er, was in der Südoststeiermark so alles möglich ist.
Hans Peter Temmel vom Weingut Felberjörgl in Höch im Sausal schafft es mit seinen vielfache ausgezeichneten Weinen, Mineralität, Spannung und saftige Feuchtigkeit ins Glas zu bringen, wobei selbst die „schweren Brocken“ immer mit einer gewissen Leichtfüssigkeit daherkommen.
Gut Ding braucht Weile, findet Diederick Bootsman vom Weingut Polz und der Sauvignon Blanc Ried Grassnitzberg Licht 2020 bestätigt das: Saftig und frisch mit viel Würze im Duft und dann am Gaumen salzig und mineralisch, straff und fokussiert aber zugleich ein großes Trinkvergnügen.

Der steirische Wein ist erwachsen geworden.

Klaus Egle
Bilaterales Gipfeltreffen in der Hofburg: Wein Burgenland Geschäftsführer Christian Zechmeister, Weinviertel DAC Geschäftsführerin Maria Obermayer und Wirtshausführer Herausgeber Klaus Egle stoßen an mit einem großartigen Sauvignon Blanc Ried Aunberg von Robert Platzer aus Tieschen im Vulkanland Steiermark. Ein Wein wie ein Federbett – zum Hineinlegen und Träumen!
Christian Krampl vom Weingut Oberguess kann das Wort „Mainstream“ nicht einmal buchstabieren. Der ehemals langjährige Kellermeister des Weinguts Polz pflegt seinen ganz eigenen Stil und keltert Weine, die ganz schön fordern – aber den Gaumen auch entsprechend belohnen.
Mit dem einen berühmten Nachbarn teilt man den Namen, mit dem anderen die Top-Lage. Doch Thomas Polz, der das Weingut Primus gemeinsam mit seinem Bruder Christian leitet, macht sein eigenes Ding – und das machen sie, wie der Name schon sagt: prima! Tipp: Zieregg vom FEINSTEN!
Dass am Weingut Masser exzellente Weine entstehen, muss man nicht erst entdecken – zahlreiche Auszeichnungen und Verkostungserfolge bestätigen das. Ein besonderes Erlebnis: Die „Masserei“, wo man am Wochenende zu den feinen Weinen Spezialitäten von den eigenen Hochlandrindern genießt.
Es gibt nichts, das Walter Frauwallner aus Straden nicht in hervorragender Qualität liefert – vom Sauvignon über Morillon bis Traminer. Und zuletzt holte sich der Generalist sogar 99 und 100-Punkte-Wertungen mit Trockenbeerenauslesen vom Gelben Muskateller und vom Traminer.
Der Hero vom Hirritschberg: Bern Stelzl zaubert von seinen Steillagen bei Leutschach Weine, die saftige Zitrusfrische, reife Frucht und salzige Mineralität verbinden. Tipp: Die hochwertigen Riedenweine sind Langstreckenläufer, die mit jedem Jahr der Reife besser in Form kommen.
Gerald Lilly führt gemeinsam mit seinem Bruder Dietmar einen „Gemischtwarenladen“ aus einem eigenen Weingut und dem Ferienhaus-Konzept „Pures Leben“, mit dem man Maßstäbe gesetzt hat. Schöner kann man das Steirische Weinland nicht erleben.
In allerbester Laune sind ÖWM-Chef Chris Yorke und Steiermark-Wein-Geschäftsführer Werner Luttenberger und die steirischen Weinhoheiten. Foto: Wein Steiermark/Anna Stöcher