Bauer & Wirt Langthaler: Nichts zu viel und nichts zu wenig

Als Gott das Paradies geschaffen hat, könnte er sich den Hof der Familie Langthaler von Sonja und Franz Langthaler zum Vorbild genommen haben. Hoch über Emmersdorf an der Donau, eingebettet in Wiesen, Weiden und Obstgärten leben Mensch und Tier in einer ebenso einträchtigen wie fruchtbringenden Symbiose. Seit 200 Jahren bewirtschaften die Langthalers den Hof und die Nachhaltigkeit ist sozusagen ihre DNA. Dass mit diesem Ansatz so fantastische Produkte und Gerichte entstehen, wie sie hier ab Hof und im Wirtshaus angeboten werden, ist für die Gäste ganz einfach ein Glücksfall. Interview: Klaus Egle/Fotos: Elisabeth Egle

Sagen wir es einmal so: Für die ersten 150 Jahre hier kann ich nichts – aber sie haben mich geprägt.
Franz Langthaler

Klaus Egle: Früher war am Land die Kombination von Bauer & Wirt nicht unüblich, heute hat sie Seltenheitswert. Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Vorteile dieser Verbindung?

Franz Langthaler: Dass ich weiß, wo das Produkt herkommt, dass ich kurze Wege habe, und dass man spürt, was alles im Vorfeld passiert, bis das Lebensmittel dann auf dem Teller landet. Dabei geht es nicht nur um’s Fleisch sondern genauso gut um Obst, Gemüse und andere Produkte, die wir selbst machen. 

Klaus Egle: Und was sind die Nachteile?

Franz Langthaler: Ich würde sagen, das ist eine Auffassungssache. Natürlich ist man ein bisschen mehr eingespannt. Ich muss jetzt im Oktober schon nachdenken, ob ich ein junges Tier einstelle, das vielleicht sechs Monate braucht, was dann für eine Jahreszeit ist, und wie viele Tiere ich brauche, was unser Bedarf dann ist und Vieles mehr. So, dass der Kreislauf sinnvoll ist, dass nichts zu viel und nichts zu wenig ist. Aber wenn man das alles von der Wiege auf mitbekommt und sich dafür interessiert, dann ist das einfach so. Also Nachteil sehe ich eigentlich keinen.

Klaus Egle: Aber man hat zwei Jobs… 

Franz Langthaler (lacht): Es sind sogar mehr…

Klaus Egle: Wie kommunizieren Sie Ihr nachhaltiges Tun an die Gäste und wie können diese Ihre Landwirtschaft hautnah erleben?

Franz Langthaler: Über die Homepage, über die sozialen Medien, über die Speisekarte und vor allem natürlich durch das persönliche Gespräch. Auch wenn die Leute über uns gelesen haben, sind sie immer wieder überrascht, wenn sie das erste Mal hierherkommen und sagen: „Was, das macht ihr wirklich alles selbst…?“ Da vorne sehe ich das Wild, da unten sehe ich hundert Stöck’ln Schnittlauch… 

Klaus Egle: Der Nachwuchs ist wichtig, darum gibt es bei Ihnen auch eine „Schule am Bauernhof“. Was ist darunter zu verstehen?

Sonja Langhtaler: Das macht unsere Tochter Claudia, die hat dafür eine Schulung gemacht und ein Zertifikat erworben. Da gibt es dann Betriebsführungen zu verschiedenen Themen wie „Hirsch & Schwein, das schmeckt so fein!“ Da sind die Kinder auch dabei, wenn zum Beispiel Grillwürstel frisch gemacht werden oder ein Rohschinken eingebeizt wird und das kriegen sie dann natürlich auch zum Verkosten. Da wird der ganze Betrieb gezeigt, damit die Kinder auch die Hintergründe einer Landwirtschaft sehen und verstehen. Heute haben wir zum Beispiel eine Gruppe aus Krems hier. Die kommen mit dem Zug und werden von uns mit dem Traktor-Heuwagen-Gespann vom Bahnhof in Emmersdorf abgeholt und wieder zurückgebracht.

Wir haben zehn Portionen gebackene Hirschleber und dann ist Schluss.
Sonja Langthaler

Klaus Egle: Kurze Transportwege und regionale Produkte haben bei Ihnen Vorrang. Was wird bei Ihnen am Hof alles selbst produziert?

Franz Langthaler: Wir züchten die Strohschweine selbst, haben ein Hirschgehege, ich selbst bin Jäger und wir haben hier die umgebende Jagd zu viert gepachtet, da kommt das Reh, die Wildsau und der Hase her. Das ist einmal die Basis an Frischfleisch. Dann machen wir natürlich viele eigene Produkte daraus, wie Blunz’n, Aufstriche, Pasteten, Streichwurst, luftgetrockneten Schinken, verschiedenste Würstel von Wild und Schwein, mit Nüssen drinnen, luftgetrocknet oder gekocht, da gibt es sicher 15 verschiedene Varianten. Da gibt es nicht immer alles, es geht auch einmal etwas aus. Wenn ich zum Beispiel sieben Schweine schlachte, dann sind das sieben Schweinslungenbraten und wenn die aus sind, dann gibt es halt einmal kein Schweinsmedaillon auf der Karte. Das wird von unseren Gästen auch so akzeptiert.

Sonja Langthaler: Oder wenn wir einen Hirsch schießen, da haben wir zehn Portionen gebackene Hirschleber und dann ist Schluss. Die werden mündlich verkauft und sind immer gleich weg. Wild geht einfach wirklich gut, die Leute lieben das, auch ein Hirschkalbsbeuscherl kommt immer super an. 

Klaus Egle: Sie haben sogar einen eigenen Schlachthof, ist das nicht ein großer Aufwand?

Franz Langthaler: Wenn man heute einen Schlachthof auf die grüne Wiese stellen will, wäre das schon eine Riesen-Investition. Aber dadurch, dass bei uns immer geschlachtet wurde, ist das auch mitgewachsen. Ich kenne das noch als Bub, wie man die Sau beim Frontlader vom Traktor aufgehängt hat, dann hat man einmal einen Schlachtraum gebaut und jetzt haben wir alles mit hygienischen Paneelen ausgekleidet und ein Kühlhaus und einen Reiferaum für den Schinken dabei.

Klaus Egle: Aber die Schlachtung am Hof hat ja auch Vorteile…

Franz Langthaler: Ja, die Stalltüre und die Schlachtraumtür sind zehn Meter voneinander entfernt. Das Schwein lebt im Stall auf Stroh, wird mit einer elektrischen Zange getötet, das merkt gar nicht, was da geschieht, wird gestochen und hängt eine halbe Stunde später im Kühlhaus. Ich weiß, das will heute keiner hören. Jeder will glückliche Tiere sehen und das feine Schnitzerl hätte man auch gerne, doch den Zwischenakt will man ausblenden. Dass ein Tier geschlachtet wird, gehört eben dazu, wenn man Fleisch, Wurst oder Schinken essen will.

Unsere Kinder schauen da noch genauer hin wie wir und wollen noch autarker werden
Franz Langthaler

Klaus Egle: Was bedeutet Kreislaufwirtschaft im Rahmen der Tierhaltung für Sie?

Franz Langthaler: Wir produzieren das gesamte Futter für unsere Tiere selbst. Das gilt für die Pferde, die aber bei uns keine Nutztiere sind, genauso wie für die Schweine. Die werden ohne Mais gefüttert, was nicht so wirtschaftlich ist, weil sie so einen Monat länger brauchen aber dafür ist das Fleisch auch ein ganz anderes. Wir selchen sehr viel, ganz traditionell, da wird nichts eingespritzt, sondern mit Kümmel, Koriander, Wacholder, Pfefferkörnern, Salz und Knoblauch eingerieben, drei Wochen mariniert und dann kalt geräuchert. Das hole ich nach einer Woche aus der Selch und kann es roh aufschneiden, da habe ich einen super Rohschinken. 

Klaus Egle: Spannend, und warum ohne Mais?

Franz Langthaler: Ich könnte auch bis zu 50 Prozent mit Mais füttern, dann habe ich ein wässriges Fleisch, das beim Selchen um ein Drittel einschrumpft. Wir füttern hingegen mit verschiedenem, eigenem Getreide und zehn Prozent Eiweiß. Da hat unser Sohn Patrik heuer das erste Mal Sojabohnen angebaut und das bringt uns jetzt das Eiweiß für die Fütterung. Unsere Kinder schauen da noch genauer hin wie wir und wollen noch autarker werden. 

Klaus Egle: In welchen Bereichen ist METRO für Sie ein wichtiger Partner und was schätzen Sie an dieser Partnerschaft besonders?

Franz Langthaler: Nicht beim Fleisch, das machen wir selber aber Du brauchst ja auch Vieles drumherum. Das Mehl, die Gurkerl, die Semmelbrösel… dann hat METRO ein sehr gutes Salat-Sortiment, wir beziehen dort auch Hendln, deren Qualität und Herkunft wir vertreten können. Das hat auch Gründe, ich brauche Kontinuität und eine einigermaßen kalibrierte Größe bei der Lieferung und die kann mir ein kleinerer Bauer nicht liefern. 

Nicht nur Schnitzel im Gasthaus, sondern auch Schnitzel in der Heizung.
Franz Langthaler

Klaus Egle: Wie schaffen Sie es, zu Mitarbeitern zu kommen und was machen Sie, damit sie gern bei Ihnen arbeiten und stolz auf ihren Arbeitsplatz sind?

Franz Langthaler: Wir sind in der Familie stark aufgestellt und wir sind natürlich am Land, wo wir viele gute Kontakte zu Menschen, Vereinen und Institutionen haben. Die Haupt-Mitarbeiter sind natürlich wir selber, die Familie, aber dazu haben wir viele sehr langjährige Aushilfskräfte und da passen wir unsere Dienstpläne sehr langfristig an deren Bedürfnisse und Lebenssituationen an, das hilft schon. Aber es ist schon auch eine Herausforderung, weil der Beruf halt nicht besonders familienfreundlich ist. Unser Betrieb ist natürlich Wochenend-lastig. Da wollen viele Leute einen schönen Ausflug machen und wir müssen leider immer wieder Gästen absagen, weil wir die Kapazität gar nicht haben. 

Klaus Egle: Also um Gäste brauchen Sie sich keine Sorgen machen…

Franz Langthaler: Nein und zu uns kommen wirklich ganz unterschiedliche Leute mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen. Viele verbringen hier am Hof gleich einen halben Tag, überhaupt, wenn sie mit Kindern unterwegs sind.

Sonja Langthaler: Sehr gefragt ist auch das Picknick. Dafür haben wir verschiedene, schöne Plätze eingerichtet, die Gäste können dann ganz individuell dorthin gehen und wir bringen Ihnen alles, was sie sich wünschen dorthin: Wein, Bier, Essen… 

Klaus Egle: Die Energieversorgung ist inzwischen ein Riesen-Thema. Was machen Sie da und wie weit kann man in diesem Bereich überhaupt zum Selbstversorger werden?

Franz Langthaler: Wir sind auf dem Sektor schon eine Zeit lang ziemlich autark, haben schon vor 16 Jahren auf unseren Dächern eine Photovoltaikanlage installiert, ich bin da ein bisschen visionär unterwegs. Mein Vater war der erste im Bezirk Melk mit einer Hackschnitzelheizung, da hat er sich einen Zeitungsartikel aufgehoben mit dem Titel: „Nicht nur Schnitzel im Gasthaus sondern auch Schnitzel in der Heizung“. Wir heizen heute alles und machen auch das Warmwasser mit Hackschnitzeln aus dem eigenen Wald, dazu haben wir bei einem Stromverbrauch von 80 kW eine Photovoltaik mit 150 kW, also das reicht auch, wenn die Sonne einmal nicht scheint.  Wir haben außerdem schon ein paar Jahre Speicher, das ist aber nur so ein Vogel von mir, das rechnet sich – noch – nicht. Das sind nur 30 kW und war für mich so ein Herantasten aber in den nächsten zwei Jahren haben wir sicher einen 150-kW-Speicher. Wir liegen hier oben meistens über der Nebelgrenze, darum bringt eine PV-Anlage schon sehr viel. Aber es ist nicht alles… ein Windrad noch dazu, das wär’ schon der Überhammer!

Klaus Egle: Ihre Familie ist seit 200 Jahren am Hof, ist da Nachhaltigkeit eine Lebenseinstellung?

Franz Langthaler: Sagen wir es einmal so: Für die ersten 150 Jahre hier kann ich nichts – aber sie haben mich geprägt. Und ich denke, das vermitteln wir auch wieder unseren Kindern, ob wir wollen oder nicht. 

Klaus Egle: Und wie sieht es mit der Nachfolge in der Familie aus?

Franz Langthaler: Wir sind jetzt hier die achte Generation und unsere Kinder arbeiten auch bereits im Betrieb. Unsere Tochter hat die Tourismusschule gemacht, hat dann unter anderem zwei Jahre beim Jamek gearbeitet und hat dann gesagt: „Ich will lieber zu Hause mehr machen – hier gibt es ja jede Menge zu tun.“ Unser Sohn ist mehr die landwirtschaftliche Seite, hat das Josephinum in Wieselburg abgeschlossen, hilft aber auch in der Gastronomie – der stand schon als Zwölfjähriger neben dem Griller… Uns freut das natürlich sehr, dass sie sich beide so engagieren und ich habe gar kein Problem, mit 55 Jahren in die zweite Reihe zu treten. 

Dieses Interview ist Teil einer Serie zum Thema „Wirtshausführer Nachhaltig Wirten“. Es ist eine Kooperation von Wirtshausführer und METRO Österreich, die Nachhaltigkeit als vorrangiges Unternehmensziel festgeschrieben hat. Gemeinsam stellen wir Wirte vor, die in vorbildlicher Weise Nachhaltigkeit täglich leben, in einer Branche, die mehr als andere im Blickfeld der Öffentlichkeit steht. So machen wir ihre nachhaltigen Initiativen sichtbar und nachvollziehbar.